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Der Fehde erster Teil

Ich weiß nicht mehr genau, wann diese Fehde zwischen mir und den Autowerkstätten der Welt eigentlich begann. Als ich mir ihrer Existenz bewusst wurde, war sie auf jeden Fall schon eine ganze Weile im Gange; in ihrer Anfangszeit hatte sie etwas im Hintergrund hinter der großen Gemüsehändler-Fehde gestanden (von der ich vielleicht ein ander Mal berichten werde) und rückte erst ins Zentrum meiner Aufmerksamkeit, als ich aus beruflichen Gründen wiederholt mit Autowerkstätten zu tun bekam.

Worum geht´s bei der Fehde? Es geht darum, dass man, wenn man ein Auto zur Werkstatt bringt, immer gefragt wird: „Wie viele Kilometer hat der runter?“.

Warum, um Himmels Willen, müssen die das wissen?!?

Wenn ich sage, ich möchte eine Inspektion haben, oder einen Ölwechsel, oder ich möchte gelegentlich mal wieder bremsen können, dann sollen sie halt machen, was zu machen ist, damit ich kriege was ich will, egal wie viele Kilometer der Wagen hinter sich hat!

Nun gab und gibt es immer wieder verständnisvolle Menschen, die mich darauf hinwesien, dass ich doch gar nicht sicher wissen kann, dass so eine Werkstatt diese Information nicht doch vielleicht braucht. Interessante Vergleiche wurden bemüht, Grundsatzfragen der Phänomenologie diskutiert ... und in der Tat war ich auch ein wenig unsicher, ob meine Überlegungen vielleicht doch falsch waren.

Ja, ich weiß: Die einfachste Lösung wäre, ich würde den Kilometerstand einfach mitteilen und mir keine weiteren Gedanken über das „warum“ machen. Aber mir persönlich ist der Kilometerstand völlig egal und ich weiß ihn einfach nicht. Vor allem, wenn ich irgend einen Dienstwagen auf dem Weg zum Bahnhof noch mal schnell in einer Werkstatt abgebe. Ich kann diese Frage aus dem Ärmel geschüttelt genau so wenig beantworten wie dieses ewige: „Wie viel verbraucht der denn?“, nach dem ich immer gefragt werde, wenn ich mit meinem alten qualmende Bäromobil irgend wo vorfahre. Ich weiß nicht, wie viel das Bäromobil verbraucht, und wenn ich´s wüsste, würde es dadurch weder mehr noch weniger verbrauchen. Ich tanke, wenn der Tank fast leer ist, weil ich dann tanken muss. Aber ich schweife ab.

Eines Tages – es war gegen Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts – brachte ich einen unserer Dienst-Golfs zur MAHAG, weil da eine Inspektion fällig war. Und: Nein, sie war nicht fällig, weil ein bestimmter Kilometerstand erreicht war, den ich dann ja gewusst hätte, sondern weil der Wagen an einen anderen Mitarbeiter übergeben wurde, und dann lassen wir immer eine Inspektion machen.

Ich hatte sogar daran gedacht, mir vor dem Aussteigen den Kilometerstand zu notieren, meldete die Inspektion an der Information an, beantwortete brav die Frage nach dem Kilometerstand und sah, dass die Dame alles in ihren PC eintippte.

Dann wurde ich zum Schreibtisch eines anderen Mitarbeiters gebeten, der mich noch ein paar Sachen fragte, um sie dann seinerseits in seinen PC einzutippen. Unter anderem fragte er mich nach dem Kilometerstand. Und jetzt weiß ich: Diese Information landet nirgendwo! Wäre sie tatsächlich wichtig gewesen, hätte die Dame an der Information sie ja in eine Datei eingetippt, in der der Herr sie hätte auf seinem Bildschirm sehen können.

Somit ist klar, dass die aus reiner Schikane fragen! Die interessieren sich nicht im mindesten dafür, wie der Kilometerstand irgend eines Wagens ist. Die Frage dient einzig und allein dem Zweck, „Weiß ich nicht“ als Antwort zu bekommen, um dann hochnäsig kucken zu können oder gar den Kunden zu seinem Wagen zurück zu schicken.

Denen zahl´ ich´s heim, habe ich mir gedacht.

Als ich den Wagen anderen Tags aus der Inspektion abholte und die Dame an der Kasse mir grade den Schlüssel in die Hand drücken wollte, verschränkte ich demonstrativ die Arme vor der Brust und frage sie: „Wieviele Kilometer hat der runter?“

"Da müssen´s morgen den Moaster frag´n!“, gab die Dame im Bewusstsein ihrer stärkeren Verhandlungsposition zurück. „Nehmen´s den Schlüssel oder net?“

Niedergeschlagen und entehrt zog ich mich mit dem Dienstwagen zurück auf sicheren Boden.


Der Fehde zweiter Teil

Schließlich habe ich aus den Fehlern der Vergangenheit etwas gelernt: Wann immer ich seit dem nach einem Kilometerstand gefragt werde, antworte ich. „Siebenundachtzigtausend“.

Das funktioniert meistens zufrieden stellend: Die Leute in den Autowerkstätten tun so, als würden sie das irgend wo eintragen und erledigen anschließend das, was sie erledigen sollen. Das ist unabhängig davon, ob der Wagen nun siebentausend oder hundertsiebenundachtzigtausend Kilometer auf dem Buckel hat: Ein zusätzlicher Beweis, dass niemand die Information über den Kilometerstand braucht.

Eines Tages im Herbst 2003 brachte ich das Bäromobil zur Werkstatt. Das Bäromobil war damals ein BMW-Kombi - einmal machte man  mich in einer Werkstatt darauf aufmerksam, dass die Kombis bei BMW nicht „Kombi“ sondern „Touring“ heißen ... aber es ist mein Bäromobil und ich sage „Kombi“ - aus der Zeit, als Servolenkung und von innen verstellbare Außenspiegel noch flüchtige Ideen im Unterbewusstsein eines rebellischen jungen Ingenieurs waren. Kurz gesagt: Wie sein Besitzer schon ein älterer Herr, der sich ungern hetzen lässt.

Wie der interessierte Leser, der mir bis hierhin gefolgt ist, bereits weiß, bin ich kein großer Freund von Werkstattbesuchen. Als aber alle Lämpchen im Inneren des Bäromobils dauernd hell rot leuchteten und jede Fahrt von einem Konzert aus Warntönen untermalt wurde, habe ich´s dann schließlich widerwillig doch gemacht.

Und was sagte die Dame an der Information bei BMW? Sie sagte: „Wissen Sie zufällig Ihren Kilometerstand? Sonst geben Sie mir kurz schon mal den Schlüssel, dann lasse ich nachsehen.“

Jawohl! So ist das bei BMW! Da ist man gleich eine andere Art von Mensch. Ich werde den Leuten in der Werkstatt besser nie die Geschichte erzählen, wie ich in den Besitz des Bäromobils gekommen bin ... aber das ist ohnehin eine ganz andere Geschichte, die ich hier vielleicht ein ander Mal erzählen werde.

Mit wieder erlangter Hochnäsigkeit erzählte ich noch am Vormittag brühwarm dem besten Chef von Allen davon, dass wir BMW-Fahrer eben doch eine Klasse für uns sind – ein Bericht, der um so intensiver wirkte, weil ich wusste, dass er vor ein paar Wochen Ärger mit seiner Mercedes-Werkstatt hatte, weil die über Winter seine eingelagerten Sommerreifen verloren hatten.

Nach dem ich dann noch jedem Golf- und Corsafahrern in der Firma brühwarm erzählt hatte, wie gut man als BMW-Fahrer behandelt wird - bei den meisten wirkte das leider nicht so richtig, weil die immer ihren Kilometerstand kennen und sogar wissen, was ihre Wagen verbrauchen - klingelte das Telefon und die BMW-Werkstatt war dran.

Und jetzt weiß ich: Die sind auch nicht besser als andere! Die haben nur ihr eigenes System entwickelt, Fragen zu stellen, die man unmöglich beantworten kann.

Der Mann fragte: „Wo haben Sie eigentlich Ihr Reserverad gelassen?“

Wozu, um Himmels Willen, muss der das denn jetzt wissen?!?


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